Einfach das Ende der Welt – endlich Premiere des tollen Stücks von Christopher Rüping am Schauspielhaus Bochum
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Einfach das Ende der Welt – endlich Premiere des tollen Stücks von Christopher Rüping am Schauspielhaus Bochum

Zusammenfassung

„Einfach das Ende der Welt“ – endlich konnte das Stück von Christopher Rüping seine Premiere am Schauspielhaus Bochum feiern. Mit Erfolg!

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Das Drama Einfach das Ende der Welt (basierend auf Juste la fin du monde von Jean-Luc Lagarce; siehe auch die Wikipedia-Beschreibung) konnte gestern endlich im Schauspielhaus Bochum seine Premiere feiern. Zum ursprünglichen Termin ging es aufgrund der Widrigkeiten dieser Zeiten leider nicht. Dafür aber jetzt an einem sonnigen Oktoberabend.

Einfach das Ende der Welt (Ticket Schauspielhaus Bochum - zur Premiere am 28.10.2022)Quelle: Jens Matheuszik | All Rights Reserved
Einfach das Ende der Welt (Ticket Schauspielhaus Bochum – zur Premiere am 28.10.2022)

Man kann das Stück Einfach das Ende der Welt mit einem Wort beschreiben: Toll! Und eigentlich muss das auch ausreichen, denn jedes weitere Wort birgt die Gefahr, dass man zu viel im Vorfeld verrät. Oder wie es im kompakten Programmheft zum Stück, das oben abgebildet ist, heißt:

„Stopp, nicht jetzt alles spoilern!“
Benjamin Lillie

Aber etwas schreibe ich doch noch…

Vom Schauspielhaus Zürich nach Bochum

Christopher Rüpings Inszenierung am Schauspielhaus Zürich wurde im vergangenen Jahr zum Berliner Theatertreffen eingeladen und bekam weitere Auszeichnungen. Maja Beckmann, die in Bochum lange Zeit zum Ensemble des Schauspielhauses gehörte, wurde unter anderem für diese Produktion zur Schauspielerin des Jahres 2021 gewählt, Benjamin Lillie als Schauspieler des Jahres ausgezeichnet.
Nach „Das neue Leben (where do we go from here)“ im Schauspielhaus Bochum, inszeniert von Christopher Rüping, welches die Spielzeit im Schauspielhaus Bochum eröffnete (und kürzlich in Zürich gastierte), nun die Inszenierung aus Zürich in Bochum.

Bühnenbild en detail

Kommt man ins große Haus des Schauspielhauses, dann sieht man mehrere Zimmer eines Hauses: Wohnzimmer, Esszimmer, Küche, Bad, ein Kinderzimmer. Ach ja – und ein Schlagzeug.

Einfach das Ende der Welt: Matze PröllochsQuelle: Diana Pfammatter/Schauspielhaus Bochum | All Rights Reserved
Einfach das Ende der Welt: Matze Pröllochs

Die Räume sind liebevoll ausgestattet – aber in einer zeitlich nicht ganz genau benannten Vergangenheit. Doch durch den Hauptdarsteller (Benjamin Lillie) erfahren wir, dass er nach 12 Jahren zurück in seine Heimat fahren will. Zu seiner Familie.
Und das, was wir da vor Ort sehen und erahnen, ist die Darstellung der Erinnerungen des Sohnes an die Vergangenheit. Von der man im Publikum mehr mitbekommt als man denkt, denn der Sohn hat eine Kamera mit und wenn er dann durch die Räume streift, über Schwemmhölzer, Knöpfe und Videofilme sinniert – dann filmt er das auch meistens und man sieht das ganze auf einer Leinwand über der Bühne. Wer genau hinschaut, der erkennt vielleicht auch sogar schon Andeutungen, die aber auch nur sekundenweise zu sehen sind.
Auf der Seite des Schauspielhauses Zürich gibt es dazu ein digitales Modell: Einfach das Ende der Welt (digitales Bühnenbild) (welches am besten mit Google Chrome funktionieren soll).
Wer – wie der Autor dieser Zeilen – in diesen Zeiten aufgewachsen ist, diverse Filme, Platten (oder eher CDs) usw. wieder erkennt, sich denkt („Die hatte ich doch auch!“), der fühlt sich gleich irgendwie gut aufgehoben in diesem Stück.

Das Intro des Stücks

Von Anfang an durchbricht das Stück die sogenannte vierte Wand zum Publikum, in dem der nach Hause zurückkehrende Sohn quasi das Publikum mitnimmt, mit ihnen interagiert und sie im weiteren Verlauf auch ihm gegenüber als „Deine Freunde“ bezeichnet werden.
Durch die ganzen Interaktionen (z.B. Frage- und Antwort-Spiele) wird das Publikum gleich direkt abgeholt und vereinnahmt, was ja grundsätzlich nicht verkehrt ist. Wenn es dann auch noch so gut gemacht wird, wie von Benjamin Lillie in dieser Inszenierung, dann umso besser.
Doch kaum hat man sich an das Interieur gewöhnt, wird auch dieses abgeholt bzw. eher abgebaut. Es kommt zu einer sehr frühen Umbaupause in dem Stück, in dem die ganzen Erinnerungen im wahrsten Sinne des Wortes an die Seite geschoben werden.

Der zweite Part des Stücks

Jetzt ist der „verlorene“ Sohn wieder nach Hause zurückgekehrt und trifft dort unter anderem auf seine altbekannten Verwandten und versucht den Grund seiner Rückkehr darzulegen.
Aber anders als von ihm gedacht, kommt es nicht dazu, denn wenn man 12 Jahre nicht da war, dann ändert sich was. Die kleine Schwester ist nicht mehr so „mini-klein“ wie in Erinnerung, der Bruder, mit dem man viel Spaß hatte, ist aufgrund der Verantwortung auch verändert usw. usf.

Einfach das Ende der Welt: Benjamin Lillie, Maja Beckmann, Wiebke Mollenhauer, Nils Kahnwald (v. li.)Quelle: Diana Pfammatter/Schauspielhaus Bochum | All Rights Reserved
Einfach das Ende der Welt: Benjamin Lillie, Maja Beckmann, Wiebke Mollenhauer, Nils Kahnwald (v. li.)

Das Schauspielhaus Bochum schreibt dazu:

Wie tritt man seiner Mutter gegenüber, wenn man zwölf Jahre lang ihre Stimme nicht hören wollte? Wie nennt man seine kleine Schwester, wenn man keine Ahnung hat, wer mit 14 ihre beste Freundin war? Und was sagt man seinem Bruder, der zwölf Jahre lang versucht hat, den Verlust des verlorenen Sohnes vergessen zu machen, obwohl niemand ihn darum gebeten hat. Diese Inszenierung begibt sich hinein in das Drama Familie.

… und dieses Drama namens Familie nimmt dann seinen Lauf.

Einfach das Ende der Welt: Benjamin Lillie, Matze Pröllochs (v. li.)Quelle: Diana Pfammatter/Schauspielhaus Bochum | All Rights Reserved
Einfach das Ende der Welt: Benjamin Lillie, Matze Pröllochs (v. li.)

Meine Meinung dazu

Wenn man nicht viel vom Inhalt vorab verraten will (und befürchte das eine oder andere Detail schon erwähnt zu haben; aber das Problem teile ich ja mit den Verantwortlichen für das kompakte Programmheft aus Zürich), dann ist es natürlich schwierig, da jetzt gut seine eigene Meinung zu begründen.
Daher bleibe ich eher im Allgemeinen. Um es in einem Satz zu sagen: „Einfach das Ende der Welt“ ist ein tolles Stück und es lohnt sich absolut!
Die Inszenierung zeigt auf, was passiert, wenn unterschiedliche Erwartungen aufeinander stoßen und wie sich Menschen und Familien weiterentwickeln und was da passieren kann, insbesondere wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden.

Der Bruch zwischen dem Intro und dem zweiten Part wirkt erstmal total überraschend, ist aber eigentlich ein gutes Stilmittel um zwischen den beiden Ebenen des Stücks zu unterscheiden.
Was mir besonders gefällt ist die Vielfältigkeit der dramaturgischen Elemente, die man in dieser Inszenierung erlebt. Denn Musik und Gesang hat in diesem Stück auch eine wichtige Rolle – und da landet man auch in der musikalischen Vergangenheit, was mir persönlich in diesem Fall sehr gut gefallen hat. Was daran liegen könnte, dass beispielsweise L’amour toujours von Gigi d’Agostino auch heute noch in meiner Favoritenliste ist…

Insofern kann ich dieses Stück nur empfehlen!

Jens Matheuszik (im Schauspielhaus Bochum, Premiere 'Einfach das Ende der Welt' am 28.10.2022)Quelle: Jens Matheuszik | All Rights Reserved
Jens Matheuszik (im Schauspielhaus Bochum, Premiere ‚Einfach das Ende der Welt‘ am 28.10.2022)
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