Weil die Redakteur*innen in den Streik getreten sind, senden die Lokalsender Radio Emscher Lippe, Radio K.W. und seit dem späten Vormittag auch Radio Bochum heute ausschließlich das zugelieferte Regionalprogramm von Radio NRW. Ihren eigentlichen Markenkern, die lokale Berichterstattung können die Sender heute dagegen nicht liefern.
Die Streikenden versammelten sich seit 6:15 Uhr zentral vor dem Funke Medienhaus in Essen. Die Arbeitgeberseite bietet lediglich eine Tarifsteigerung von 1,5 Prozent ab dem 1. Juli 2024 und weitere 1,5 Prozent ab dem 1. Juli 2025 bei einer Laufzeit von drei Jahren an. Die Beschäftigten der Sender, die mindestens 200.000 Euro Gewinn machen, sollten zudem zwei Einmalzahlungen von 500 Euro bekommen.
Volkmar Kah vom Deutschen Journalistenverband (DJV) NRW dazu:
„Das verstehen die Beschäftigten nach sechs Jahren extremer Lohnzurückhaltung und angesichts galoppierender Lebenshaltungskosten mit Recht als Affront. […] Wir fordern eine lineare Erhöhung im Volumen von 12 Prozent, eine angemessene Inflationsausgleichsprämie, familienfreundlichere Strukturen, eine Bezuschussung des Deutschlandtickets sowie längst überfällige Regelungen zur Ausstattung von Homeoffice und mobilem Arbeiten.“
Weiter kommentiert er die ablehnende Haltung der Arbeitgeber:
„Auf der einen Seite lassen sich die Sender Gewinnmargen von perspektivisch zehn Prozent garantieren und drohen ansonsten mit Zusammenlegung von Sendern. […] Auf der anderen Seite sparen sie an denen, die den Lokalfunk zum beliebtesten Radio in Deutschland machen, was die Analysen der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse regelmäßig belegen. Die Arbeitgeberseite versteht einfach nicht, wie sie mit ihrer einfallslosen Niedriglohn-Strategie schleichend das Fundament zerbröselt, auf dem alle Lokalsender stehen: das überdurchschnittliche Engagement und die hohe Motivation ihrer Journalist:innen. Weil viele Beschäftigte aber kaum ihren Lebensunterhalt mit dem Verdienst bestreiten können, verlassen inzwischen auch jene frustriert die Branche, die den Job eigentlich lieben. Sehr alarmierend ist, dass kaum Nachwuchs hinterherkommt.“
Doch nicht nur die Radiosender selbst sieht der DJV als Gewerkschaft in der Verantwortung, sondern auch die Politik. Denn die Arbeitgeberseite setzt sich aus Vertretern der Veranstaltergemeinschaften (VG) und Vertretern der Betriebsgesellschaften (BG) zusammen. Die VGen sind die eigentlichen Arbeitgeber und verantworten die Inhalte, die BGen sind für die Vermarktung und Finanzierung der Sender verantwortlich. Dahingehend hat die Politik Einfluss auf die jeweilige BG.
Dazu erklärt Volkmar Kah:
„Sie betonen oft, wie wichtig der Lokalfunk auf kommunaler Ebene ist – gleichzeitig bleibt das aber leider oft ohne Konsequenz. Denn viele könnten ja als Minderheitsgesellschafter ihren Einfluss auf die Betriebsgesellschaften (BG) stärker geltend machen, um für faire Bezahlung der Menschen zu sorgen, die die Bürger:innen in ihren Landkreisen und Städten täglich professionell informieren und unterhalten. Aus dieser Richtung würden sich die Lokalfunker:innen noch viel mehr Unterstützung wünschen!“
Im Rat der Stadt Bochum wurde im Februar 2024 die Resolution Lokalfunk für die Zukunft sicherstellen einstimmig (bei 3 Enthaltungen der FDP) angenommen.
Weitere Informationen zur Gehaltstarifrunde der NRW-Lokalfunksender gibt es unter: https://www.djv-nrw.de/lokalfunk