Erst sollte sie im März stattfinden, aber das Warten auf Godot sollte dann doch noch bis September andauern, da die Premiere dieser Inszenierung im Schauspielhaus Bochum um einige Monate verschoben wurde.
Jetzt war es soweit – am 6. September 2024 feierte Warten auf Godot seine Premiere am Schauspielhaus Bochum.
Warten auf Godot – die Geschichte
Das Schauspielhaus Bochum beschreibt das Stück von Samuel Beckett wie folgt:
Zwei Figuren warten an einem abgelegenen Ort auf einen rätselhaften Fremden namens Godot. Er hat ihnen versprochen, zu kommen und ihr Leben zu verändern. Zumindest glauben die beiden daran. Doch gibt es Godot wirklich und wenn ja, was versprechen sie sich von ihm? Warten auf Godot beleuchtet das Streben der Menschen nach Veränderung und Trost, während sie gleichzeitig mit den drängenden Problemen ihrer Gegenwart konfrontiert sind.
Das bahnbrechende Stück des irischen Dramatikers Samuel Beckett gilt als Schlüsselwerk des Absurden Theaters. Ein Theater, das das Gefühl der Orientierungslosigkeit der Menschen in der modernen Welt des 20. Jahrhunderts durch scheinbar unsinnige Szenen und Situationskomik präsentiert. Die Notwendigkeit, in Krisenzeiten nach Beständigkeit oder Verbesserung zu verlangen, scheint für Menschen unumgänglich zu sein. Doch was könnte das Prinzip Godot unserer durchtechnologisierten und von Selbstverunsicherung geprägten Zeit sein?
Die Godot-Inszenierung von Ulrich Rasche
Die aktuelle Inszenierung von Ulrich Rasche ist minimalistisch aufgebaut, dennoch aber alleine schon vom Bühnenbild her aufwändig. Neben zwei konzentrischen Drehkreisen sieht man erst mal so gut wie nichts mehr. Keine zusätzliche Requisite, die man anhand der Geschichte aber hätte erahnen können, stört dieses Bild.
Doch dann erblickt man eine zusätzliche Installation im Bühnenraum, die einfach nur überwältigend wirkt: eine Art monumentaler Lichtkreis, die sowohl für die Sonne als auch auf den Mond steht und das neblige Bühnenbild versucht zu erleuchten.
Das Ensemble
Steven Scharf, Guy Clemens, Yannik Stöbener und Dominik Dos-Reis sind die Schauspieler auf der Bühne und zu Beginn sieht man Steven Scharf (Wladimir) und Guy Clemens (Estragon), die das „Warten“ schauspielerisch toll darstellen und in einer Art „Zombie-Modus“ über die konzentrischen Kreise gehen und gehen und gehen.
Für das Publikum wirkt das schon fast anstrengend da zuzuschauen. Für die Schauspieler muss es aber vermutlich ein großer Aufwand sein, diese Gehweise das ganze Stück über darzustellen (man möchte ihnen am liebsten einen Schrittzähler mitgeben, damit man weiß, wie viele tausende Schritte das pro Stück sind).
Neben den beiden Hauptprotagonisten kommen natürlich auch noch Pozzo (Dominik Dos-Reis) und sein Diener Lucky (Yannik Stöbener) vor, die plötzlich aus dem Nebel auf der Bühne auftauchen, wobei Lucky seinen Gebieter Pozzo auf der Bühne trägt.
Doch auch wenn das Ensemble minimalistisch auftritt, sind die Schauspieler ausdrucksstark (beispielsweise wenn Lucky zu seinem Einsatz kommt) und leisten einiges – und nicht nur physisch.
Was an der Inszenierung von Ulrich Rasche noch positiv auffällt, ist der Einsatz der Musik im Hintergrund, die das minimalistische Geschehen auf der Bühne sehr gut unterstreicht und ergänzt.
Bewertung
Das Stück Warten auf Godot gilt als das Paradestück des absurden Theaters und als Idealbesetzung von Wladimir und Estragon sah Samuel Beckett selber Stan Laurel und Oliver Hary (Dick und Doof).
Das komische Element von anderen Warten auf Godot-Inszenierungen fehlt in dieser Inszenierung. Diese bewusste Entscheidung dürfte einigen im Publikum nicht so gefallen haben, denn nach der Pause blieben einige (wenige!) Plätze noch frei.
Was jedoch auch auffällt ist die Länge der Inszenierung. Ursprünglich hieß es mal, dass das ganze mit Pause ca. dreieinhalb Stunden dauern würde. Es waren dann doch eher vier Stunden, die dem einen oder anderen recht lang vorkamen.
Insgesamt gesehen ist Warten auf Godot in der Inszenierung von Ulrich Rasche ambitioniert, künstlerisch anspruchsvoll, minimalistisch aber auch gut.
… und vermutlich so gut, dass Ulrich Rasche vermutlich wieder der Beruf nach Berlin ereilt.