Wahlprüfungsausschuss der Stadt Bochum weist einstimmig alle Einsprüche zur Wahl ab; Ergebnisse der Wahl zum Rat der Stadt Bochum und der Bezirksvertretung in Wattenscheid dennoch formal „ungültig“
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Wahlprüfungsausschuss der Stadt Bochum weist einstimmig alle Einsprüche zur Wahl ab; Ergebnisse der Wahl zum Rat der Stadt Bochum und der Bezirksvertretung in Wattenscheid dennoch formal „ungültig“

Zusammenfassung

Der Wahlprüfungsausschuss der Stadt Bochum tagte in Rekordzeit: Nur 17 Minuten dauerte – aufgrund der Vorarbeit der Verwaltung – die Sitzung.

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Wahlprüfungsausschuss, Wahlausschuss – das klingt alles recht ähnlich, aber hat doch unterschiedliche Aufgaben (und den Kommunalwahlausschuss gibt es auch noch!)

Das Procedere ist eigentlich ganz einfach:
Wenn bei uns in Bochum gewählt wird, dann wird das Wahlergebnis vom Wahlausschuss festgestellt. Das war im Bochum im September der Fall. Da die Wahlperiode noch lief, war dies auch der Wahlausschuss, der im Grunde genommen in der – inzwischen – vergangenen Wahlperiode von 2014-2020 besetzt wurde.

In der neuen Wahlperiode, wenn sich dann die entsprechenden Gremien gebildet haben, gibt es einen Wahlprüfungsausschuss. Dieser prüft das Ergebnis der Wahl, ob und inwiefern es bei der Wahl unter Umständen Beanstandungen und Fehler gegeben hat.

So auch bei den kürzlich statt gefundenen Kommunalwahlen am 13. September 2020.

Briefwahl bei der Stadt Bochum: Hier die "Direktwahl" vor Ort im Wahlzentrum (bei der Oberbürgermeister-Wahl 2015)Quelle: eigen | All Rights Reserved
Briefwahl bei der Stadt Bochum: Hier die „Direktwahl“ vor Ort im Wahlzentrum (bei der Oberbürgermeister-Wahl 2015)

Ergebnisse des Wahlausschusses vom September 2020

Das Ergebnis der Oberbürgermeisterwahl (bei der Thomas Eiskich (SPD) mit 61,8 % der abgegebenen Stimmen im ersten Wahlgang bestätigt wurde) wurde durch den Wahlausschuss am 15. September 2020 bestätigt (siehe Amtsblatt 46 vom 21.09.2020 der Stadt Bochum).
Für die weiteren Wahlen (Ratswahl, Bezirksvertretungswahlen, Direktwahl der Mitglieder des Integrationsausschusses) erfolgte dies am 18. September 2020 (siehe Amtsblatt 47 vom 28.09.2020 der Stadt Bochum).

Im Nachgang dazu gab es dann zwei Einsprüche zur Wahl. Diese wurden dann – wie es üblich ist – erst einmal im Wahlprüfungsausschuss behandelt.
Auch wenn der Name ähnlich klingt – das ist ein anderer Ausschuss.

Wahlprüfungsausschuss am 3. Dezember 2020

Der neu gewählte Wahlprüfungsausschusses, unter Leitung von Christian Kalisch (SPD), tagte jetzt erstmalig am 3. Dezember 2020:

Wahlprüfungsausschuss der Stadt Bochum #boWahlpruefung (Sitzung vom 03.12.2020)Quelle: eigen | All Rights Reserved
Wahlprüfungsausschuss der Stadt Bochum #boWahlpruefung (Sitzung vom 03.12.2020)

Zur Sitzung gab es zwei Einsprüche gegen die Feststellung des Wahlergebnisses, wie man der Tagesordnung der Sitzung des Wahlprüfungsausschusses vom 03.12.2020 entnehmen kann.

TOP 3.2: „Falscher“ Stimmzettel?

Hier in diesem Beitrag geht es jetzt erstmal um den zweiten Einspruch (TOP 3.2 der Sitzung). Der Beschwerdeführer erklärt, er hätte bei seinen Briefwahlunterlagen keinen Stimmzettel für die Ratswahl erhalten. Das klingt erstmal natürlich nach einem wichtigen Beschwerdegrund.

Liest man sich den Sachverhalt genauer durch geht es aber nur um den „Titel“ des Wahlzettels. Denn der Bürger hat sehr wohl einen Stimmzettel erhalten, in dem er seine Ratskandidatin oder seinen Ratskandidaten aus Bochum-Stiepel wählen konnte. Die Überschrift

Stimmzettel für die Wahl der Vertretung in der kreisfreien Stadt Bochum im Wahlbezirk 54 Stiepel am 13.09.2020

schien dem Beschwerdeführer jedoch nicht richtig, denn seiner Meinung nach müsste da „Stimmzettel für die Wahl des Rates der kreisfreien Stadt Bochum […]“ Wenn das nicht der Fall sei, dann könne er auch nicht an Eides Statt (wie vorgeschrieben) versichern, dass er eben diesen Stimmzettel für die Ratswahl den Briefwahlunterlagen beigefügt habe.

Stellungnahme der Verwaltung dazu:

Die Verwaltung führt dazu in ihrer Stellungnahme aus, dass sie sich an den entsprechenden Vorgaben der Kommunalwahlordnung gehalten hat – sprich: an die Anlage 17a zu § 32 Kommunalwahlordnung (KWahlO).

Insofern empfahl die Verwaltung den Einspruch als „unbegründet“ zurückzuweisen. Dem folgte der Wahlprüfungsausschuss einstimmig und ohne weitere Diskussion.

TOP 3.1: Falsch gezählte Stimmen?

Der erste Einspruch wirkte auf den ersten Blick gravierender. Hier ging es um einen Einspruch der Wählergemeinschaft UWG: Freie Bürger. Diese bemängelten eine mögliche Verwechslung der Stimmen. Da man beinahe ein drittes Mandat in der Bezirksvertretung Wattenscheid gewonnen hätte, wolle man daher diesen Einspruch erheben.

Wahlprüfungsausschuss der Stadt Bochum #boWahlpruefung (Sitzung vom 03.12.2020) unter Vorsitz von Christian Kalisch (SPD)Quelle: eigen | All Rights Reserved
Wahlprüfungsausschuss der Stadt Bochum #boWahlpruefung (Sitzung vom 03.12.2020) unter Vorsitz von Christian Kalisch (SPD)

Grundlage dieses Einspruches war, dass es Abweichungen zwischen den Schnellmeldungen (am Wahlabend) und der Feststellung des amtlichen Endergebnisses ergeben hätten. Außerdem beschwert man sich, dass man ein konkretes Ergebnis gar nicht prüfen könne, da gar nicht alle Detailergebnisse offiziell (im Amtsblatt) verkündet worden seien.

Stellungnahme des Ausschussmitglieds Jens Lücking (UWG: Freie Bürger)

Ratsmitglied Jens Lücking (UWG: Freie Bürger) erklärte zu Beginn der Behandlungs des Tagungsordnungspunktes, dass er die Ausführungen der Verwaltung (siehe nachfolgenden Absatz) nachvollziehen könne. Er würde sich jedoch als befangen erklären und bei der Beschlussfassung nicht mit abstimmen – denn er sei Vorstandsmitglied der UWG: Freie Bürger, von denen der zu beratene Einspruch ja komme.
Außerdem erklärte er – bezugnehmend auf eine vergangene Wahl – warum es zu diesem Einspruch gekommen sei.

Stellungnahme der Verwaltung dazu

Die Verwaltung erklärt, dass ein Einspruch konkret begründet („substantiiert“) werden muss. Es reicht also nicht aus, einfach zu vermuten, dass da eventuell etwas falsch gezählt sein könnte, oder aber dass man nur knapp ein weiteres Mandat verfehlt hätte. Das alleine bedeutet keinen Grund für eine Neuauszählung (jedenfalls in Deutschland – in anderen Ländern, siehe beispielsweise die Präsidentschaftswahlen in den USA, kann das für knappe Ergebnisse anders geregelt sein).

Da kein konkreter Sachverhalt benannt wurde, ist der Einspruch unbegründet.
Bezüglich der Bekanntmachung wird festgehalten, dass die offizielle Bekanntmachung im Amtsblatt ausreichte. Für die Detailergebnisse sind die Einzelergebnisse über die Internet-Seite zur Bezirksvertretungswahl in Wattenscheid verfügbar.

Insofern empfahl die Verwaltung den Einspruch als „unbegründet“ zurückzuweisen.

Prüfung von Amts wegen

Dennoch hat die Verwaltung versucht herauszufinden, woher die Differenzen zwischen den Schnellmeldungen am Wahlabend und dem endgültig festgestellten Wahlergebnis kommen. Dazu ging es aber primär im TOP 3.4 dieser Sitzung.

Abstimmung über den Einspruch der UWG: Freie Bürger

Den Feststellungen der Verwaltung folgte der Wahlprüfungsausschuss einstimmig.

Jedoch gab es noch einen Diskussionsbeitrag bezüglich der Befangenheit. Denn eigentlich gibt es keine Befangenheit im Wahlprüfungsausschuss, wie auch durch den Vorsitzenden Christian Kalisch zu Beginn der Sitzung noch einmal explizit erwähnt wurde.
Wenn man dann auch noch feststellt, dass man den Ausführungen der Verwaltung folgen kann und erklärt, dass da auch keine Klage angestrebt wird – dann könnte man eigentlich auch den Einspruch zurückziehen…

TOP 3.3: Vorprüfung der Gültigkeit der Wahl des Oberbürgermeisters/der Oberbürgermeisterin, der Wahl der Bezirksvertretungen Bochum-Mitte, -Nord, -Ost, -Süd und –Südwest sowie der Direktwahl des Integrationsausschusses vom 13. September 2020

Aufmerksame Leser merken schon – bei diesem Tagesordnungspunkt fehlt nur die Bezirksvertretung Wattenscheid und der Rat der Stadt Bochum.

In dem Beschlussvorschlag heißt es, dass der Wahlprüfungsausschuss dem Rat der Stadt Bochum empfiehlt die oben genannten Wahlen alle für gültig zu erklären. Denn aufgrund der Vorprüfung gab es keine Gründe da etwas zu beanstanden.

Der Ausschuss stimmte einstimmig diesem Vorschlag zu.

TOP 3.4: Vorprüfung der Gültigkeit der Wahl des Rates und der Wahl der Bezirksvertretung Bochum-Wattenscheid vom 13. September 2020

Bei diesem Tagesordnungspunkt ging es jetzt um die Bezirksvertretung Wattenscheid und der Rat der Stadt Bochum.

Aufgrund der vorherigen Feststellungen zu den Untersuchungen von Amts wegen in Sachen TOP 3.1 hatte man festgestellt, dass es zu Differenzen gekommen ist. Erst nachdem der Wahlausschuss das Ergebnis festgestellt hatte, wurde bekannt, dass die fehlerhaften Schnellmeldungen Teil des Ergebnisses waren und nicht die korrigierten Zahlen aufgrund der Protokolle.

Zur Erklärung der Vorgänge gab es einen Bericht des Wahlbüros in Form einer Präsentation (siehe dazu: Wahlprüfungsausschuss vom 03.12.2020: Dokumente).

Dort wurden die signifikanten Unterschiede zwischen den Schnellmeldungen und den tatsächlichen Protokolleintragungen auch deutlich gemacht:

Wahlprüfungsausschuss der Stadt Bochum #boWahlpruefung: Auszug aus dem Bericht des WahlbürosQuelle: Stadt Bochum | All Rights Reserved
Wahlprüfungsausschuss der Stadt Bochum #boWahlpruefung: Auszug aus dem Bericht des Wahlbüros

Demnach sieht es so aus, dass es da beim Eintragen der Zahlen zu Verschiebungen in den Spalten gekommen ist. Denn die Gesamtzahl war ja gleich. Auch sei auffällig, dass anscheinend die Schnellmeldungen für die Ratswahl im besagten Wahlkreis und für die Bezirksvertretungswahl quasi zeitgleich gekommen sein. Das ist aber eigentlich nicht richtig gemäß der Vorgehensweise und ein Indiz, dass bei den Schnellmeldungen was nicht richtig gelaufen ist.

Durch eine Prüfung der Unterlagen hat sich herausgestellt, dass „die fehlerhaften Zahlen des einzelnen Stimmbezirks bezogen auf das Gesamtergebnis sowohl für den Rat als auch für die Bezirksvertretung Bochum-Wattenscheid keine Auswirkung auf die Zuteilung der Mandate [haben]“.

Insofern ist die Feststellung des Wahlausschusses zum amtlichen Endergebnis zwar inhaltlich falsch, aber eine Korrektur ergibt im konkreten keine Änderungen (bei der Sitzverteilung).

Daher schlägt die Verwaltung vor, dass dem Rat der Stadt Bochum empfohlen werden soll, dass die Feststellungen des Wahlausschusses für ungültig erklärt werden, damit es dann zu einer Neufeststellung auf Grundlage der richtigen Zahlen kommen kann.

Der Ausschuss stimmte einstimmig diesem Vorschlag zu.

Wie es (vermutlich…) weiter geht: Haupt- und Finanzausschuss / Rat / Wahlausschuss / Wahlprüfungsausschuss / Haupt- und Finanzausschuss / Rat

Diese Woche tagt noch der Haupt- und Finanzausschuss (HFA), der die Beschlüsse für den Rat (der nächste Woche tagt) vorbereitet. Dort geht es dann auch darum die Gültigkeit der Ergebnisse des Wahlausschusses zu bestätigen. Das empfiehlt der Wahlprüfungsausschuss für alle Wahlen – nur nicht für die Wahl zum Rat der Stadt Bochum und der Bezirksvertretung Bochum-Wattenscheid.

Insofern dürften der HFA und der Rat sich vermutlich diesem Vorschlag des Wahlprüfungsausschusses anschließen. Dadurch wird dann der Wahlausschuss (und nicht der Wahlprüfungsausschuss!) beauftragt, das Ergebnis in korrekter Form festzustellen.
Dieses Ergebnis wiederum bekommt wieder der Wahlprüfungsausschuss zur Vorlage, der das ganze prüft (deswegen heißt er ja auch so). Sollte der Wahlprüfungsausschuss diesem Ergebnis dann zustimmen – dann fehlt noch der Rat der Stadt Bochum, der das auch noch (erstmal endgültig) feststellen muss.

Kurze Sitzung…

Auch wenn der Beitrag etwas länger ist – im Grunde genommen war es eine kurze Sitzung, die nur 17 Minuten dauerte.
Dies vor allem auch deswegen, weil das Wahlbüro die Sachverhalte sehr ausführlich dargelegt hat und damit der Wahlprüfungsausschuss gar nicht viel nachzufragen hatte, da alles konkret begründet war.

Da wundert es dann auch nicht, dass der Vorsitzende des Wahlprüfungsausschusses sich zufrieden zeigte:

„Ich danke der Verwaltung für die gute Vorbereitung der Sitzung, sowie den Anwesenden Mitgliedern für die schnellen und einvernehmlichen Beratungen.“
Christian Kalisch (SPD), Vorsitzender des Wahlprüfungsausschusses

… und jetzt heißt es: Abwarten.
Denn jetzt geht das ganze – wie oben beschrieben – noch seinen weiteren Weg durch die Gremien.
Das wichtigste dabei ist aber, dass die offensichtliche Unrichtigkeit der Ergebnisse keinerlei Einfluss auf die konkrete Besetzung des Rates der Stadt Bochum bzw. der Bezirksvertretung Bochum-Wattenscheid haben.

Aktualisierung (09.12.2020)

In der Beratungsfolge der Gremien wurde noch der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) eingefügt, der vor dem Rat noch jeweils tagt.

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