Romeo und Julia – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie: viel Jubel im Schauspielhaus Bochum
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Romeo und Julia – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie: viel Jubel im Schauspielhaus Bochum

Zusammenfassung

Das Publikum ist begeistert: Romeo und Julia in einer doch etwas anderen Fassung, als man es erwarten würde.

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Im Schauspielhaus Bochum läuft das Stück Romeo und Julia – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie seit der Premiere im Oktober 2025 mit großer Begeisterung beim Publikum.

Romeo und Julia (allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie)Quelle: Matthias Horn/Schauspielhaus Bochum | All Rights Reserved
Romeo und Julia (allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie)

Wie man schon am Titel des Stücks erkennen kann, geht es hier nicht um eine werkgetreue Adaption, sondern eher um eine Art Pop-Theater mit Ironie, Musik und viel Spielfreude.

Romeo und Julia gehören dabei zum kulturellen Allgemeingut. Zwei junge Menschen, verfeindete Familien, eine Liebe, die sich gegen alles stellt – und am Ende der Tod. Wer diese Grundgeschichte kennt, ist klar im Vorteil. Denn Romeo und Julia – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie entfaltet seine volle Wirkung erst dann, wenn man weiß, was hier eigentlich permanent unterlaufen, gebrochen und kommentiert wird.

Wer im Schauspielhaus Bochum einen klassischen Shakespeare-Abend erwartet – dafür ist das Theater im Ehrenfeld ja bekannt – bekommt diesmal etwas anderes. Das ist aber nicht überraschend, denn mit dieser Inszenierung setzen Barbara Bürk und Clemens Sienknecht ihre bekannte Reihe musikalischer Bearbeitungen fort. Wer das Stück Die Hermannsschlacht – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie kennt, der weiß, was da zu erwarten ist: Klassiker werden zerlegt, kommentiert, besungen und mit Ironie überzogen. Shakespeare dient dabei weniger als dramatisches Fundament denn als Materiallager für ein sehr bewusst gesetztes Theaterformat.

Romeo und Julia (allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie)Quelle: Matthias Horn/Schauspielhaus Bochum | All Rights Reserved
Romeo und Julia (allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie)

Der Zugriff ist klar: keine wirkliche Texttreue, viel Musik, deutliche Distanz zum Original und eine Form, die stärker an Radioshow, Revue und Pop-Abend erinnert als an Tragödie. Das Publikum soll sich – im Gegensatz zum eigentlichen Original – über das Stück amüsieren.

Konzept und Inszenierung

Bürk und Sienknecht erzählen Romeo und Julia nicht einfach nach, sie bearbeiten das Stück und kommentieren es. Die berühmte Liebesgeschichte wird durch Ironie gebrochen und emotional entschärft. Das funktioniert auch überraschend gut und sorgt schon direkt zu Beginn für Lacher. Die absurde und ironische Distanz ist dabei konsequent und sorgt dafür, dass ein eigentlich dramatischer Stoff ins komödiantische gedreht wird.

Musik und Rhythmus

Die Musik ist zentrales Element des Abends. Sie strukturiert Szenen, ersetzt Dialoge und trägt den Rhythmus der Inszenierung. Clemens Sienknecht führt musikalisch souverän durch den Abend und begeistert selber liebevoll am Instrument.

Bühne, Kostüm und Raum

Anke Grots Bühne verortet den Abend weniger im elisabethanischen Zeitalter als vielmehr im mittleren bis ausgehenden 20. Jahrhundert. Wohnzimmer, Alltagsgegenstände und die ästhetische Anmutung verweisen bewusst weg von Shakespeare und hin zu einer zeitlich diffus gehaltenen Moderne. Die Ausstattung folgt damit konsequent dem ironischen Zugriff der Inszenierung, insbesondere wenn man die – vermeintlich? – jedenfalls teilweise authentischen Kostüme des Ensembles betrachtet.

Übrigens: Man erfährt direkt zu Beginn des Stücks, dass die eigentlich ursprünglich geplanten Requisiten, die zur Shakespeare-Zeit gehören, leider nicht auf der Bühne sind. Denn, so heißt es in der Erklärung, diese stehen noch auf der Autobahn im Stau…

Ensemble

Das Ensemble trägt diesen Abend mit großer Spielfreude und hohem Einsatz. Auf der Bühne stehen Puk Brouwers, Dominik Dos-Reis, Mathias Max Herrmann, Berthold Klein, Veronika Nickl, Friedrich Paravicini, Clemens Sienknecht und Nina Steils. Die schauspielerischen Leistungen sind durchweg stark; exemplarisch hervorzuheben sind Dominik Dos-Reis, Puk Brouwers und Veronika Nickl – ohne die Leistung der übrigen Beteiligten schmälern zu wollen.

Was auffällt: Es gibt auch einzelne Doppelbesetzungen. Vermutlich hätte man das personell auch anders lösen können, sodass dies als bewusste Entscheidung zu lesen ist, die den Revue- und Kommentarcharakter des Abends unterstreicht. Besonders hervorzuheben sind dabei die beiden Hauptfiguren: Dominik Dos-Reis als Romeo und Nina Steils als Julia. Beide schaffen es, trotz aller ironischen Brechung glaubwürdig zu bleiben und dem Abend emotionale Stabilität zu verleihen.

Romeo und Julia (allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie)Quelle: Matthias Horn/Schauspielhaus Bochum | All Rights Reserved
Romeo und Julia (allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie)

Clemens Sienknecht nimmt dabei eine besondere Stellung ein: Als Musiker, Schauspieler und musikalischer Leiter ist er sichtbar Teil des Geschehens und zugleich strukturierendes Element des Abends. Mit Präsenz, Witz und feinem Timing führt er durch Szenen, setzt musikalische Akzente und hält die unterschiedlichen Ebenen der Inszenierung zusammen.

Inhaltlicher Hintergrund und Metaebene

Zum Konzept des Abends gehört auch der fiktive Rahmen: Erzählt wird von einer angeblichen Weltpremiere im Rahmen der Shakespeare-Wochen in Hückeswagen bei Wuppertal, organisiert von einem Kulturverein zur Förderung der frühneuenglischen Sprache aus Kleppersfeld.

Romeo und Julia (allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie)Quelle: Matthias Horn/Schauspielhaus Bochum | All Rights Reserved
Romeo und Julia (allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie)

Nach angeblich 15 Jahren Proben sei man nun endlich so weit. Dieser absurde, liebevoll ausgedachte Hintergrund zieht sich als Metaebene durch den Abend und verstärkt den Eindruck eines bewusst künstlichen, selbstreflexiven Theaterabends.

Wirkung und Einordnung

Romeo und Julia – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie ist ein professioneller, sehr gut gespielter und musikalisch starker Theaterabend. Er überrascht weniger durch Brüche als durch Konsequenz. Als Pop-Theater funktioniert das hervorragend, als Shakespeare-Interpretation bleibt es bewusst an der Oberfläche.

Im Spielplan des Schauspielhauses Bochum ist das eine sichere, aber kluge Setzung: bekanntes Team, bewährtes Format, verlässliche Handschrift. Wer die früheren Arbeiten von Bürk und Sienknecht mochte, wird auch hier nicht enttäuscht. Die Ticketverkäufe zeigen es.

Meine Meinung zu „Romeo und Julia – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie“

Jens Matheuszik

Jens Matheuszik

In dem Moment als ich erfuhr, dass es Romeo und Julia in der Variante „allerdings mit anderem Text und anderer Melodie“ im Schauspielhaus Bochum geben wird, sagte ich – nicht nur zu mir selbst: „da will ich hin!“

Insofern bin ich da sicherlich etwas – aufgrund der Hermannsschlacht mit anderem Text und anderer Melodie – voreingenommen. Aber meine positiven Vorahnungen haben sich nach dem Besuch mehr als bestätigt. Denn diese Adaption von – oder eher Hommage für? – William Shakespeares bekanntestes Stück ist schlicht und ergreifend toll!

Die Idee erstmal hierzu eine „mit anderem Text und anderer Melodie“-Version zu schaffen ist toll, insbesondere da ja das eigentliche Stück vermutlich alle kennen, was natürlich sinnvoll ist, wenn man da eine gemeinsame inhaltliche Grundlage hat.

Doch die beste Idee bringt nichts, wenn sie nicht vernünftig dargeboten wird – doch genau das Gegenteil ist hier der Fall. Denn das Ensemble begeistert mit seinem engagierten Spiel, die Musik ist genial und auch die kleinen Details wissen zu begeistern (was man so mit Plastikflaschen alles machen oder wie eine leiernde Schallplatte simuliert werden kann). Bei der einen oder anderen Sache fragt man sich, ob das jetzt Absicht oder Zufall war.

Für mich ist „Romeo und Julia – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie“ ein tolles, teils überraschendes, unterhaltsames, witziges und einfach empfehlenswertes Stück! Wer sich eine der nächsten Vorstellungen (siehe unten) anschauen will, sollte sich beeilen – denn die Tickets dafür verkaufen sich recht schnell und für die Dezember-Aufführungen gibt es nur noch wenige einzelne Karten.

Infos zum Stück

Titel: Romeo und Julia – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie
Von: Barbara Bürk und Clemens Sienknecht

Mit: Puk Brouwers, Dominik Dos-Reis, Mathias Max Herrmann, Berthold Klein, Veronika Nickl, Friedrich Paravicini, Clemens Sienknecht, Nina Steils
Erzählstimme: Michael Prelle

Spielort: Kammerspiele, Schauspielhaus Bochum
Dauer: ca. 100 bis 120 Minuten, keine Pause
Premiere: Oktober 2025

Weitere Informationen zum Stück:
„Romeo und Julia – allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie“ auf der Website des Schauspielhauses Bochum

Nächste Vorstellungen:
Dezember 2025: 25. und 28.
Januar 2026: 7., 24. und 31.
Februar 2026: 7. und 14.

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